Psychopoetischer Dialog

Für die von mir angebotene Form des therapeutischen Schreibens habe ich den Begriff Psychopoetischer Dialog entwickelt.

Ziele des psychopoetischen Dialogs:

Wesentlich scheint mir zu sein, Schreiben als Prozess erleb- und erfahrbar zu machen.
Das ist nur möglich durch Entwicklung eines ungehemmten Schreibflusses.
Bei fließendem Schreiben eröffnet sich ein Raum, in den unerforschte Anteile der eigenen Person projiziert werden können.
Sich an die Bruchlinien, die "Schweigefelder" der eigenen Psyche schreibend heranzutasten, um sich schließlich mit diesen schwierigen, Widerstände verursachenden Bereichen auseinander zu setzen, gilt als zentrales Anliegen des psychopoetischen Dialogs.

Der Schreibprozess im psychopoetischen Dialog:

Schreiben ist - ebenso wie andere kreative Medien - eine der wesentlichen Ausdruckskräfte, über die wir verfügen.
Durch Erfahrungen aus der Schulzeit oder durch akademische Vereinseitigung wird Sprache verengt und in funktionale Richtungen gedrängt. Wir lernen , "richtiges" von "falschem" Schreiben zu unterscheiden, ebenso " sinnvolle" von "sinnlosen" Gedanken.
Die Freiheit des unmittelbaren Ausdrucks geht langsam, fast unmerklich verloren.

Schreiben kann aber - einmal freigesetzt und daher ungehindert fließend - zur Wiederentdeckung verschütteter Inhalte und ursprünglicher Impulse führen.
Schreiben ist daher im ureigensten Sinn Selbsterfahrung.
Befreites Schreiben bedient sich der Phantasie; in ihr offenbaren sich Teile seelischer Substanz.
Der Prozess des Schreibens kann sich mit einiger Übung verselbständigen; man schreibt und macht die erstaunliche Erfahrung: man ist es nicht selbst, die/der da schreibt.

Zunehmend stellt sich über ein einmal befreites Schreiben der Kontakt zum Unbewussten her.
Daraus entstehen Bilder und Gedanken, die neue Betrachtungsweisen und Einstellungsmöglichkeiten für uns bereit halten können.
Im Prozess des Schreibens, das kein explizites Ziel verfolgt , vielmehr spiralig um Kernbereiche der eigenen Biografie kreist, lassen sich wiederkehrende Motive beobachten.
Im Schreibprozess ist es möglich, sich an diesen Kernbereichen abzuarbeiten, bis ein Thema durch ein anderes abgelöst wird.
Während des Schreibprozesses entsteht das Interesse, ein Thema facettenartig zu beleuchten, vergleichbar mit verschiedenen Kameraeinstellungen.

Mit zunehmender Schreiberfahrung und -technik stellt man fest, wie sich Motivfäden verweben lassen, wie sich mit bereits vorhandenem Material experimentieren lässt.
Im geschriebenen Wort sind Gefühle und Gedanken festgehalten, "materialisiert".
Einmal entstandene Texte sind "Wertpapiere". Ein vor längerer Zeit geschriebener Text kann plötzlich noch einmal wichtig werden: wieder hervorgeholt, lässt er sich bearbeiten und verändern. Die im Text enthaltenen Gefühle und Gedanken können überprüft und einer möglichen Korrektur unterzogen werden.

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Schreiben als psychopoetischer Gruppendialog:

Gezielte Themenimpulse ermöglichen der Gruppe eine langsam voranschreitende Erweiterung sowie Vertiefung vielfältiger Wahrnehmungsprozesse: von der Bestandaufnahme momentaner Befindlichkeit begeben wir uns schreibend auf Spurensuche in Vergangenes (Erinnerungsbruchstücke) oder in Zukünftiges hinein (Wünsche, Phantasien). Schreibend erfahren wir, was sich uns eröffnet, in Aussicht stellt oder uns begrenzt und einengt.

Später verdichtet sich der Schreibprozess durch konzentratives Umkreisen von Themenkernen, die sich anfänglich herausgebildet haben.
Dadurch wird der Dialog "Bewusstes-Unbewußtes" zunehmend mehr in Gang gebracht. Verschiedene poetische Techniken und Strukturen bieten sich an, die Grenzen von bewusstem Erleben aufzusuchen. Dazu ist der Halt und das Vertrauen einer gut funktionierenden Gruppe notwendig.

Schließlich wird es möglich, den eigenen Prozess zu reflektieren, den Weg, den man selbst und mit den anderen zurückgelegt hat. Neue Zugänge zum Schreiben können erwogen werden - nach Maßgabe der in der Gruppe vorherrschenden Themenschwerpunkte und Interessen.
Zum einen treibt die Gruppe (die idealer weise über einen längeren Zeitraum stabil bleiben sollte) einen nicht vorhersehbaren Prozess selbst voran, andererseits werden aber durch bewusst gesetzte Interventionen Erfahrungsmöglichkeiten fokusiert, so dass es für alle TeilnehmerInnen zu einem in die Tiefe führenden Selbsterfahrungsprozess kommen kann.

Techniken des psychopoetischen Dialogs:

Aus dem Repertoire der Psychoanalyse stammt die Technik der Freien Assoziation.
Zuweilen lassen sich auch die Technik der Aktiven Imagination (C.G.Jung), ebenso Elemente der Zen-Meditationspraxis einsetzen.
Zu den Materialen, die verwendet werden, gehören u.a.:
Fotos, Bilder, Texte, Musik, eigene Träume.
Die Animationsbeispiele des Creative Writing bilden einen unerschöpflichen Fundus für Schreibimpulse aller Art.

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